Freitag, 28. September 2007

"You -- American Actor!"

Vorwort: Nachdem Michael schon meine Schreibfaulheit anmahnte, möchte ich Besserung geloben und versuchen, öfter meinen Pflichten als Blogger nachzukommen.

Derzeit ist in Korea Chuseok, das traditionelle koreanisches Erntedankfest. Für Olaf (Student der BWL an der WHU Koblenz) und mich Grund genug, zwanglos den Montagabend mit einem koreanischen Fischmenü und einem Bier ausklingen zu lassen. Doch aus dem gemütlichen Abend wurde eine amüsante Geschichte, die vorallem unserem Zusammentreffen mit zwei Koreanern zu verdanken ist: Young-Jo und Byong-Il, die beiden Mittdreißiger aus unserem Seouler Bezirk Anam.
Während wir nämlich die letzten Bissen unserer Fische zu uns nahmen, meinte Byong-Il "My English is very poor...mmh...like drinking next time?". Naja, was er mit "next time" gemeint hat, war uns zunächst auch schleierhaft, aber wir haben freundlich gelächelt und uns darauf vereinbart, mit den beiden freundlichen Einheimischen einen koreanischen Trinkabend zu verbingen.
Also schritten wir durch uns bislang unbekannten Gassen Anams bis wir schließlich ein kleines, nettes Restaurant fanden, in dem gegen unseren Willen ("no eat, just drinking!") massenweise koreanische Spezialitäten aufgedeckt wurden. Wir tranken nur Soju, den traditionellen Schnaps hierzulande - schmeckt ein bisschen wie Wodka, nur etwas schwächer - ist er auch! Und das ist auch gut so, denn die Gastgeber waren rasch angeheitert und beeindruckt von teutonischer Trinkkunst. Die schwachen Englischkenntnisse vieler Koreaner offernbarten auch unsere beiden Freunde. Hinzu kommt, dass die koreanischen Männer zum intrasexuellen Umgang ein anderes Verhältnis haben - d.h., sie nehmen sich gerne bei den Händen, streicheln über die Schultern und weinen sich, wenn es denn sein muss, auch gerne bei anderen Geschlechtsgenossen über Gott und die Frauenwelt aus. Trotz des Wissens um diese Gewohnheiten, schien doch manche Geste befremdend, was nur dazu beitrag, dass die Verständigung zwischen den Kulturen noch stärker ins Wanken geriet. So fragte mich Byong-Il (er bat darum, ihn einfach "Zero" zu nennen, da der Name leichter für einen Westler zu lernen ist), während er mich leicht am Oberarm berührte, worin ich denn "interesting" bin. Leicht verstört entgegnete ich ihm abwehrend, dass ich ausschließlich an "only drinking" interessiert bin! Olaf hat das Missverständnis aber bald erkannt und es stellte sich heraus, dass ich nach meinen Hobbies gefragt wurde. Von da an war ich schon als Alkoholiker abgestempelt...
Die Vertraulichkeit zwischen den Männern bekamen wir wenig später wieder zu spüren: beim Essen im Restaurant bestand einer der beiden Koeraner ständig darauf, uns mit rohem Fisch und allerlei exotischen Leckereien zu füttern. Nach meinem Alkoholiker-fauxpas habe ich es bereitwillig über mich ergehen lassen, während Olaf hingegen jeden Versuch Byong-Ils hartnäckig ablehnte.Während wir so saßen und hin und wieder aufgrund der Sprachbarrieren oder dem Mangel an Soju eine kurze Pause einlegten, blitzen den Koreanern die Augen und sie riefen abwechselnd Olaf und mir zu: "You -- American Actor! -- Matt Damon!" Was mir natürlich ein wenig schmeichelte. Als Olaf, der mit Adam Sandler verglichen wurde, die beiden aufmerksam machte, dass er im Gegensatz zu seinem schwarzhaarigen Pendant dunkelblondes Haar trägt, verstummten sie nur kurz und meinten, er sehe dann einfach Pierce Brosnan zum Verwechseln ähnlich. Ah ja.

Sei's drum - wir fanden es ganz witzig und ließen uns überreden, die Burschen in eine Karaokebar zu begleiten. Dort sangen, nein zelebrierten wir einen Song nach dem anderen. Wenn einer der Koreaner an der Reihe war, mussten wir Deutschen uns immer erheben und mit Tambourines zum Rhythmus rasseln. Doch Selbstüberschätzung macht auch vor koreanischen Männern nicht halt. In einem extaseähnlichen Zustand seine Englischdefizite vergessend, wollte "Zero" tatsächlich Enimens "Without You" rappen - mit wenig überraschend wenig Erfolg. Und obwohl mir das Herz beim Eintritt in unseren Karaokeraum blutete ("Zero" wollte den Fussballraum, der u.a. mit den Wimpeln des "VfB Stuttgarts" und den Antifußballern der "Fortuna Düsseldorf" geschmückt wurde), vergingen die 60 Minuten wie im Flug.

Das 'finale grande' erlebten wir schließlich in einer kleinen Kneipe, in der in großen Mengen Soju und Bier gereicht wurden. Trotz meiner wiederholten Hinweise "only drinking!" wurde ein roher Tintenfisch geordert. Aufgrund der späten Stunden waren wir allmählich erschöpft und sehnten ungeduldig das Ende des Abends herbei. Zur Beschleunigung beschloss ich, dass alle Getränke von nun an geext werden müssen. Nach wenigen Minuten tat der Alkohol auch seine Wirkung - doch dummerweise nicht nur bei unseren Gastgebern. Ich ließ mich wieder füttern, diesmal roher Oktopus. Vom Nachbartisch her reichte man noch mehr Soju und schließlich sogar Seidenraupen bis es schließlich auch für mich zuviel wurde und ich letzen Endes am Folgetag meinen ersten richtigen Kater in Asien erleben durfte...

5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ni hao,

wenn ich der erwähnte Michael sein sollte, dann kommt jetzt postwendend das Lob für deinen Bericht. Das mit dem "feely-touchy" - Gen der Koreaner ist abschreckend, die Chinesen sind da gott sei dank nicht so schlimm.
Hast du neben Uni und drinking Zeit für Nachhilfe geben? Kann man scheiß viel Geld mit machen, ich habe 10 Euro die Stunde in Nanjing bekommen. In Korea solls noch mal einiges mehr sein, erzählte man sich damals.

Ich geh jetzt zum Heidelberger Herbst, gan bei!

Unknown hat gesagt…

Hi!
Ja, du bist der Besagte und ja, in Korea kannst du dich mit Nachhilfe gut über Wasser halten.
Aber leider hab ich so viele Kurse, probiere nun auch tae-kwon-do und muss ja auch noch ein bisschen Stadt,Land und Leute kennenlernen...
Daher verprasse ich hier mein Erspartes und hoffe, dass es bis Sylvester ausreicht! ;-)
Der nächste Eintrag kommt frühstens Mitte nächster Woche, da die Professoren jetzt nochmal angezogen haben! Grüsse aus Seoul...

Anonym hat gesagt…

dieser olaf sieht aber echt hammermäßig aus. da ist der vergleich mit pierce brosnan alle mal gerechtfertigt.

Anonym hat gesagt…

Natürlich stimmt das - wenn Olaf das liest, wird er sich gewiss sehr darüber freuen...

Anonym hat gesagt…

Hallo.
Ich mochte mit Ihrer Website seoul-rockers.blogspot.com Links tauschen