Freitag, 23. November 2007

Geteiltes Land, ist doppeltes Leid

"Wenn wir die Gründe für das Verhalten der anderen verstehen könnten, würde plötzlich alles einen Sinn ergeben..." (S. Freud)

Und gerade mir als Deutschem, fällt es daher nicht all zu schwer, die Absurdität des Hasses und des Mißtrauens zwischen den Brüdern, Nord- und Südkorea, mit Bedauern zu verstehen. Während Deutschland gegen Kriegsende in die Besatzungszonen aufgeteilt wurde, ersetzten in Korea Sowjets und Amerikaner die in Asien unterlegene Besatzungsmacht Japan, die nicht nur ihrer Autos wegen oft als "die Deutschen Asiens" bezeichnet werden. Kriegsmüdigkeit und Atomwaffen führten dazu, dass nicht einmal Stalin und der mit seinen schuhen klopfende Nikita es wagten, einen Krieg um das gesamte ehemalige Deutsche Reich zu wagen. Man einigte sich spätestens mit der Einführung der D-Mark mehr oder weniger stillschweigend auf die Trennung der beiden Deutschen Staaten, die 1961 mit dem Bau der Berliner Mauer ihren Höhepunkt erfahren hat.

Auch in Korea kam es 1948 zu den Staatsgründungen der "Demokratischen Volksrepublik (Nord)Korea" und der "Republik (Süd)Korea". Auch hier gab es zahlreiche Überlaufe und kleinere Scharmützel. 1950 jedoch eskalierte die Lage, als die materiell überlegene Armee des Nordens in den Süden einfiel und binnen weniger Tage bereits Seoul eingenommen haben. Es dauerte drei Monate, ehe der Süden mit Hilfe der UN-Truppen das verlorene Land wieder zurückgewinnen konnte und schließlich selbst mit der militärischen Vereinigung Koreas begann. Da China ein geeintes Korea im Bund mit den Vereinten Nationen und den USA nicht akzeptieren wollte, wurde das Nordregime zunächst mit einem chinesischen "Freiwilligenheer" von 300.000 Mann unterstützt. Es folgte ein langwieriger Krieg, der durch den Waffenstillstand im Juni 1953 sein Ende fand. Dabei sollte erwähnt sein, dass Südkorea seine Vertragsunterzeichnung verweigerte. Dennoch kam der Vertrag zustande, der unter anderem die Festlegung der Grenze und entmilitarisierten Zone (DMZ) beinhaltete. Dies ist einer der wenigen Orte, an denen es Ausländern gestattet ist, nordkoreanisches Terretorium zu betreten.

Also machten wir uns am vergangenen Wochenende mit einer organisierten Reisetruppe auf den Weg gen Norden. Nach erschöpfender Busfahrt ging es zunächst an einen Beobachtungsposten, der einen Überblick über das Grenzland ermöglichte - Fotos waren dort leider nicht gestattet.


Dann ging es schließlich weiter zum "Dritten Tunnel" - einem von den bisher vier entdeckten Tunneln, die der Norden zu Infiltrations- und Versorgungszwecken im Kriegsfall errichten ließ. Dort fährt heute eine kleine Bahn hinunter. Fotos waren wieder einmal nicht gestattet, aber ich kann versichern, dass die Bemühungen der Nordkoreaner außerordentlich gewesen sein müssen. Das massive Gestein wurde unter lebensgefährlichen Bedingungen gesprengt und geräumt. Erwähnenswert ist die Tatsache, dass die Soldaten nach Entdeckung des Tunnels, die Wände mit Kohlfarbe bemalt haben, um anschließend behaupten zu können, man habe lediglich nach Kohle gesucht. Ein wahrlich bemerkenswerter Plan...

Nach einem traditionellen Mittagessen ging es schließlich zur Dorasan Zugstation, dem letzten Bahnhof vor Nordkorea und zugleich auch Südkoreas sauberstern und modernsten. Sollten beide Parteien dann doch zueinander finden, soll es Südkoreas "Tor" zur Welt werden. Es bestehen auch schon konkrete Pläne, wie Südkorea schließlich mit der Transsibirischen-, der Transmongolischen und Transchinesischen Eisenbahn verbunden werden soll. Theoretisch ist dann eine Zugverbindung von Deutschland bis Seoul möglich...


Hier kann man sich auch einen Stempel von Pjönjang (Nord Korea) in den Ausweis geben lassen. Aber wer braucht das schon? Hab ich mir zumindest gedacht und zog es deshalb vor, die sauberste und modernste Bahnhofstoilette Südkoreas auszuprobieren, um mich anschließend neben den bedauernswerten, gelangweilten Soldaten (mein Gott,waren die Kerle groß!) ablichten zu lassen.

Und da ich als BWLer mich mit den Konservativen besser gutstellen sollte, habe ich meinem neuen texanischen Freund, der vor einer Woche seine Reisegruppe verloren hatte und bis heute vergeblich auf den nächsten Zug nach Peking wartet, auch gleich den schweren Füller abgenommen. Ach, der zog übrigens auch "das Geschäft verrichten" dem nordkoreanischen Stempeleintrag vor.

Dann fuhren wir weiter durch das Niemandsland, wo so manches interessante Foto zu machen wäre. Aber dann wäre ich mindestens eingesperrt, wenn nicht sogar erschossen worden. Also ließ ich die Kamera in meiner Tasche und zückte sie erst wieder, als wir die Friedensbrücke erreicht hatten. Über diese Brücke sind 12.773 koreanische Kriegsgefangene zurück in die Freiheit gelangten. Es wird gesagt, die Gefangenen seien per Auto zur Eisenbahnbrücke gebracht worden, um diese zu Fuß zu überqueren. Die Brücke gilt als die einzige friedvolle Erinnerung an den Korea-Krieg, da sie die Symbolkraft der „Wiederkehr zur Freiheit“ in sich trägt.

Und dann ging es "ins Herzen" der DMZ - nämlich zum Panmunjeom, wo der Waffenstillstand unterschrieben wurde. Panmunjeom ist zudem das Hauptquartier der Waffenstillstandskommission MAC. Seit dem Ende des Koreakrieges haben dort wiederholt Verhandlungen zwischen beiden Seiten stattgefunden. Und zwar genau in dem Raum, in dem ihr den Soldaten sehen könnt. Der Tisch ist auf der Grenzlinie. Auf der linken Seite sitzt man im Süden, auf der rechten Seite sitzt man im Norden. Also hatten wir in diesem historischen Zimmer die Gelegenheit, Nordkorea zu besuchen. Und damit kein Nordkoreaner auf dumme Ideen kommt und mich oder einen der Touris mitschleppt, steht da noch ein zusätzlicher Soldat, der hinter den modischen Sonnbrillen alle Bewegungen aufmerksam verfolgt.

Das Camp Bonifas, welches sich an der Grenze befindet, wurde nach nach einem amerikanischen Captain benannt. Dieser wurde beim Versuch, einen Baum zu fällen, der die Sicht eines Beobachtungspostens behinderte, von Nordkoreanern getötet. An ihn erinnert neben dem Namen des Camps nun auch dieses Mahnmal. Zudem zeigten die Amis durch Errichtung des "Gefährlichsten Golfplatzes der Welt" ihre Leidenschaft für diesen Sport. Mittlerweile haben aber drei Golfklubs in Bagdad (meiner Meinunung nach zurecht) diesen Titel für ihren Kurs beansprucht. Wie dem auch sei - mein persönliches Fazit aus dem Camp lautet, dass Baumfällen immer noch gefährlicher ist als Golfen... Ach: Hier ein Video vom DMZ:



Auf einer Aussicht konnten wir dann noch ein paar Blicke auf Nordkorea erhaschen. Viel kam dabei auch nicht heraus. Ein strammer Soldat war das einzige, was ich bestaunen durfte. Und bis auf die Uniform schien der sich nicht sonderlich von den südkoreanischen Soldaten zu unterscheiden. Aber ein nettes Foto kann ich euch dennoch mitschicken - hier seht ihr mich mit der höchsten Fahne der Welt im Hintergrund!

Nachdem die Südkoreaner eine Fahne von stattlicher Größe, nämlich über 100m aufgestellt hatten, ließen sich ihre Brüder im Norden nicht lumpen und zauberten diese Riesenfahne mit einer Höhe von 160m. Siegmund Freud hätte daran sicher sehr viel Spaß gehabt...


Nach der anstrengenden Busfahrt durch die verstopften Seouler Straßen und den teilweise sehr ernüchternden Eindrücken an der koreanischen Grenze war mir trotz Hunger überhaupt nicht nach Reis oder Kimchi. Also beschlossen wir, auf koreanischen Essen gänzlich zu verzichten und erlaubten uns als Ausklang des Tages noch eine große Portion Steak und Spareribs in einem australischen Restaurant. Meine Vorfreude auf dem Foto wurde nicht enttäuscht - das war wirklich lecker...

Und zum Abschluss dieser "Grenzerfahrung" (Schenkelklopfer *lachmichtot*) noch ein ganz lustiges Video - vielleicht mag der ein oder andere Leser das folgende youtube-Video geschmacklos finden. Ich für meinen Teil finde, es gibt das DMZ der Lächerlichkeit preis - meines Erachtens nach zu recht! So traurig es ist, so komisch ist es ebenso...


6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Boah, beeindruckend.. Kannst du dir das alles auswendig merken oder hast du's im Reiseführer abgeschrieben? Ne, dir trau ich es sogar zu ;-)

Thomas hat gesagt…

Nun ja, als Hobbyhistoriker und ehemaliger Jünger des "Streckfuß-LK's" hab ich das meiste auch so zusammengereimt. Genaue Daten habe ich nachgeschlagen und ansonsten habe ich geduldig den Worten des netten koreanischen Reiseführers gefolgt.

Anonym hat gesagt…

harr, wieder was gelernt!

zum schluss stellte sich mir nur noch die frage, wie das video entstehen konnte xD
nach deinen schilderungen geht es an der grenze ganz schön strikt vor, wie kommts, dass man da plötzlich so nen parodisierenden videodreh zulässt?

Thomas hat gesagt…

Was den Videodreh angeht - das wurde ziemlich sicher nicht im DMZ gedreht.
Leuten im "HipHop-Style" (gemeint sind damit diverse Sportschuhe, zerissene Jeanshosen, diverse andere Kleigungsmittel) ist der Zutritt des Panmunjom verwährt. Breakdance ist also auf keinen Fall dort gestattet. Die Produzenten hatten scheinbar genügend Geld und Know How, die Szenen im Studio sehr gut nachzustellen...
Böse Zungen behaupten jedoch, dass in der Morgendämmerung vor dem Frühstück auf beiden Seiten zu Helge Schneiders "Es gibt Reis, Baby!" angestimmt wird.

Anonym hat gesagt…

Hallo.
Ich mochte mit Ihrer Website seoul-rockers.blogspot.com Links tauschen

Anonym hat gesagt…

Danke sehr an den Webmaster.

Gruss Nelly