Mittwoch, 12. Dezember 2007

Schlaflos auf dem Campus

"Eine Investition in Wissen bringt noch immer die besten Zinsen."
(B. Franklin)


Das denken sich auch die Koreaner - im übrigen wohl wie kein zweites Land auf der Welt. Erst vor kurzem konnte man in der Süddeutschen Zeitung, zuvor bereits in der FAZ und dem Spiegel, auch in Deutschland über das erschöpfende Streberleben eines durchschnittlichen Schülers in Korea nachlesen. Bereits in der Grundschule werden die Koreaner zum Lernen angetrieben. Nach der Highschool verbringen die meisten Kinder ihre Zeit beim Zusatzpauken in privaten Nachmittagsschulen, deren Unterrichtsstunden erst am Abend enden. Zu hause am späten Abend warten dann noch die eigentlichen Hausaufgaben. Viele Eltern lehren ihre Kinder schon in frühen Jahren, dass vier Stunden Schlaf pro Tag ausreichen sollten - den Rest des Tages soll der Sprößling der Familie besser mit Lernen verbringen.

Dass Bildung von immenser Bedeutung ist, lässt sich auch daran erkennen, dass nur die besten Studenten eines Jahrgangs eine Karriere als Lehrer einschlagen dürfen. Bei uns zu hause (mit verlaub) ist es ja eher umgekehrt... Die Kombination aus sehr guten Lehrern und übereifrigen wie fleissigen Schülern hat zur Konsequenz, dass Südkorea im Pisa-Ranking immer zu den führenden Nationen zählt. Doch neben diesem Ruhm hält Korea auch einen weiteren, recht traurigen Rekord: In keinem anderen Land gibt es auch nur eine annähernd so hohe Selbstmordrate unter den Schülern. "Selbstmord ist nach Verkehrsunfällen die wichtigste Todesursache bei Teenagern - häufig stehen schulische Probleme dahinter." (Spiegel, 06.05) - und das beim Seouler Straßenverkehr!


"Manche Leute schlafen nur deshalb so gut, weil sie langweilige Träume haben." (G. de Stael)

Nur ein paar Prozent schaffen es in eine der "SKY-Eliteuniversitäten" des Landes: Seoul National University, Korea Universtiy und Yonsei University. Ein harter Arbeitsmarkt lässt für die Studenten selbst auf dem Campus keine Verschnaufpause zu. Jetzt in der Klausurphase sitzen sie teilweise mehr als zwanzig Stunden am Tag in den Bibliotheken und pauken sich den Stoff so gut es geht in den Kopf rein. Ob das sinnvoll ist, wage ich zu bezweifeln. Immer wieder schlafen sie ein - auch im Unterricht. Das ist zwar lustig an zu schauen, aber auch ein wenig abschreckend, zumal die Studenten teilweise richtig fertig aussehen. Und wirklich bessere Noten schreiben sie auch noch nicht einmal. Aber wie auf dem letzten Bild zu sehen ist, schlafen auch Mannheimer Studenten hin und wieder in der Vorlesung ein...

Wie dem auch sei - ich schreibe demnächst meine "final exams" und bin entsprechend auch im Stress! Aber seid nicht besorgt - alles ist cool. Ich werde keine Dummheiten anstellen und versuchen, die Prüfungen mit bestem Wissen und Gewissen zu meistern. Das Tolle an diesem zeitaufreibenden Studiensystem ist ja, dass ich bereits in allen Fächern mindestens 50 Prozent der Leistungen schon erbracht habe.

In diesem Sinne wünsche ich den studierenden Lesern aus Mannheim und dem Ausland viel Erfolg bei den Klausuren, den anderen Studenten viel Spaß beim Jahresausklang und den Nichtstudierenden viel Erfolg bei sinnvolleren Tätigkeiten... ;-)

2 Kommentare:

Jens-Olaf hat gesagt…

Ich bin mir nicht mehr sicher , ob die Schule die treibende Kraft hinter den Auswüchsen des Bildungswesens ist. Allmählich haben wir das Gefühl die Eltern (besonders Mütter in Ein- Kindfamilien) schicken ihre Kinder zu den Nachmittags-Hagwons, die zum Teil der Schule schon vorausarbeiten. Es sind auch die Eltern, die Schüler in der 8ten Klasse und höher auf betreutes Unterrichten bis Mitternacht schicken. Die Lehrer haben eher Probleme mit den übernächtigten Jugendlichen. Konkret, die Grundschul-Lehrerin unserer Tochter ist eindeutig nicht für die Hagwons. Auf der Internetseite der Klasse erwähnt sie eine Rekordhalterin in Nachmittagskursen eindeutig als schlechtes Beispiel.

Thomas hat gesagt…

Nun ja, ich selbst weiss es auch nicht genau. Aber nach Auskunft meiner Kommilitonen ist ein scharfer Wettbewerb um die wenigen Arbeitsplaetze in den chaebols ausschlaggebend fuer diese ungesunde Streberei.
Auch Professoren stehen dem Powerlearning skeptisch gegenueber, aber wenn sich ein Student 7 Stunden Schlaf erlaubt, waehrend seine Freunde sich mit 4 zufrieden geben, bekommt er ein schlechtes Gewissen...
Bleibt zu hoffen,dass sich das eines Tages aendert-ich sehe nur keinen Anlass zur Hoffung.